Viele Wochenenden

So übergibt man ein Familienunternehmen an den eigenen Nachwuchs

Von: Johannes Thönnessen

19.07.2018 21:54

 

Zwei Brüder führen ein erfolgreiches Unternehmen. Jeder hat drei Kinder, aber nur ein Teil von diesen strebt ins Unternehmen. Kompliziert, aber machbar, wie ein Beispiel aus dem Raum Stuttgart zeigt. Dabei spielen Vertrauen und eine Mediation zentrale Rollen.

Es geht um den Dachsystemhersteller Bauder, bei dem die Brüder sich aus der Firma zurückziehen möchten. Von den sechs Kindern zieht es nur die drei Söhne des einen Inhabers in die Firma - was dem Bruder vermutlich erst einmal Unbehagen bereitet haben wird. Die Neffen sollen das Erbe antreten?

Aber es scheint zu funktionieren. Alle drei mussten sich zuerst in anderen Unternehmen bewähren, außerdem bekommen sie einen erfahrenen externen Geschäftsführer an die Seite gestellt. Im Unternehmen übernehmen sie klar getrennte Funktionen (Export und Finanzen, Technik, Marketing). Die Senioren bleiben im Beirat und behalten ihre 50% Anteile.

Letzteres ist schon eine Besonderheit. Denn viele Unternehmer übertragen aus steuerlichen Gründen ihre Anteile, um Erbschaftssteuer zu sparen. Was die Inhaber nicht überzeugt: "Die Freiheit, eine richtige Entscheidung zu treffen, hat Vorrang vor steuerlichen Aspekten."

Noch interessanter ist der lange Weg, den Senioren und Junioren gegangen sind. Man engagierte eine Wirtschaftsmediatorin, die viele Wochenende mit den Familien verbrachte. Dabei ging es nicht um Konfliktklärung, sondern um die Moderation der verschiedenen Interessen. Mit am Tisch saßen die Ehefrauen, aber auch die Lebenspartner der Kinder. Alle Bedürfnisse und Rollen wurden geklärt, es gab keine Tabus.

Das klingt beeindruckend. Wenn alles auf den Tisch kommt, auch so heikle Themen wie "Liebe, Macht und Geld..." ("Vertrauen ist schnell verspielt"), und die Familie das aushält, dann können in der Tat Regeln erarbeitet werden. Letztlich, so die Mediatorin im Interview, geht es um "ein konstruktives Zusammenspiel von Familie und Unternehmen..."

Das Vorgehen der Moderatorin erahnt man: Statt bei Detailfragen zu beginnen, ist der Weg vom Allgemeinen zum Besonderen. Also schaut man sich erst einmal an, was die Familie verbindet, und das sind die Werte und Ziele. Hat man sich hier verständigt, dann gelingt es auch Detailfragen wie z.B. Personalfragen zu klären. Genau das nämlich sind die Themen, bei denen es schwierig werden kann: Wer führt? Wer trifft die Entscheidungen?

Schönes Fallbeispiel...

Kommentare (0) 26.04.2019